Ich heiße Lucien Ducastel. Ich komme aus Seine-Maritime in der Normandie. Ich war drei Jahre lang Metzgerlehrling, aber das gefiel mir gar nicht. Dann fing ich an auf dem Bau zu arbeiten, im Metallbau. Ich habe sehr hart gearbeitet. Meine Eltern … mein Vater war ein Handwerker, ein Metallarbeiter, er arbeitete sehr hart. Er reparierte Schiffe. Er arbeitete manchmal auf zwei bis drei Schiffen pro Woche. Meine Mutter war Textilarbeiterin. Ich hatte mein Abschlusszeugnis von der Grundschule … Ich war kaum zwölf Jahre alt. Mein Geburtstag ist Ende August und ich bekam mein Zeugnis im Juni. Das war mir sehr wichtig. Danach fing ich an zu arbeiten. Und weil ich keine große Vorstellung davon hatte, was ich machen wollte, fing ich eine Metzgerlehre an. Ich habe dort dreieinhalb Jahre gearbeitet. Ich lernte etwas über die Arbeit. Aber am Ende wurde ich doch kein Metzger. Dann fing ich an im Hoch- und Tiefbau zu arbeiten, machte Reparaturen auf Schiffen und so weiter. Ich machte viele verschiedene Arbeiten, immer handwerkliche Arbeiten. 1936 war ich 16 Jahre alt und ich fing an in Fabriken zu arbeiten. Ich war einfach ein Handwerker geworden und ich durchlebte den ganzen Zeitraum 1936, die Streiks 1936 und alles, was das bedeutete … Mit den Streiks 1936 fing alles an. Daraufhin bildete sich die Arbeiterbeweung heraus. Zu dieser Zeit war ich bereits Teil des Arbeitermilieus. Unter diesen Umständen wurde die Bewegung von 1936 überall ein wenig stärker und es gab diese große Demonstration von 1936. Und was das alles für die Arbeiterbewegung in Frankreich bedeutete, war sehr wichtig. Das ist gewiss.
1934/1935 fing ich an in einer Fabrik zu arbeiten. Dann kamen die großen Tage von 1936. Da schloss ich mich der Arbeiterbewegung an. Ich war Teil der großen Streiks von 1936. Ich war 16 und arbeitete in einer Fabrik. 1937/1938 schloss ich mich der Jeneusse Communiste (kommunistischen Jugendorganisation) an. Dort konnte man für seine Forderungen kämpfen. Meine Freunde damals fragten mich: „Warum schließt du dich nicht der Jeneusse Communiste an?“ Also tat ich es. 1936 nahmen wir an gewerkschaftlichen Aktivitäten und Demonstrationen teil. Und so wurde ich ein Teil der Jeneusse Communiste. Das veränderte einiges, weil man sich darauf einstellen musste, unterzutauchen, also halb im Untergrund zu sein. Die Kommunistische Partei und die Jeneusse Communiste wurden verboten, was viel Aufsehen erregte. Mein Vater, der eher anarchistische Ansichten vertrat, sagte zu mir: „Hör auf damit! Das wird dir teuer zu stehen kommen, weil sie das verboten haben.“ Ich erwiderte: „Das ist mein Problem.“ Ich war 17. „Soll man denn deswegen aufhören …?“ Du wusstest, wie es 1936/1937 als Kupferschmied auf Schiffen war, aber du hast dich nie der Gewerkschaft angeschlossen.“ Er selbst war nicht politisch aktiv, denn dafür musste man sich engagieren und er arbeitete sehr viel. Wir mussten uns im Untergrund halten. Man konnte es nicht wirklich Untergrund nennen, aber wir waren trotzdem polizeilich bekannt. Wir mussten besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen: Nur spät nachts nach draußen gehen und aufpassen, da es nächtliche Polizeirazzien gab. Das war extrem schwer, aber wir gaben nicht auf. Wir versuchten Flugblätter nicht am Tag, sondern nur nachts zu verteilen, und eher am Abend, weil man sehr vorsichtig sein musste. Unter diesen Umständen wurde ich zu einem aktiven Mitglied, bei der Arbeit und in meinem Alltag.
Ziel der Verteilung dieser Flugblätter war es, die Bevölkerung und die Fabrikarbeiter zu alarmieren. Es ging darum, die Materialien in den verschiedenen Vierteln zu verteilen. Oft machten wir das nachts. Aber nachts gab es auch Polizeistreifen. Zwei oder drei von uns verteilten die Flugblätter und zwei oder drei andere hielten Ausschau, um die anderen zu warnen. Wir mussten sehr vorsichtig sein. Wir machten viele Vorkehrungen: Wir versteckten die Materialien für die Flugblätter bei einer Person und das Papier bei jemand anderem. Und dann versuchten wir, sie nachts zu verteilen, um der Polizei zu entkommen. Aber die Polizei war nachts auch unterwegs und es war eine schwierige Aufgabe. Wir verteilten auch Flugblätter an den Fabriktoren, obwohl wir dort sehr auffällig waren. Aber wir trafen auch dort viele Vorkehrungen. Einer von uns hielt immer nach der Polizei Ausschau. Wir machten uns um 2 oder 3 Uhr morgens auf, um die Flugblätter zu verteilen, und wir teilten uns die Straßen auf. Manchmal verteilten wir sie auch vor den Fabriktoren, obwohl das sehr gefährlich war, weil es dort in aller Öffentlichkeit war. Hinzu kam die Schwierigkeit, die Flugblätter herzustellen. Es war gut, sie zu verteilen, aber sie mussten ja erst hergestellt werden. Also versuchten wir, Freunde zu finden, die nicht so bekannt waren, und die Materialien dort hinzubringen: den Mimeograf, die Schreibmaschine, die wir bei ihnen im Keller versteckten. Wir mussten vorsichtig sein und diese Freunde beschützen, aber gleichzeitig mit unseren Aktivitäten weitermachen. Es war eine schwierige Zeit. Wir organisierten uns, um Orte zu finden, wo wir uns ungesehen treffen konnten, wo sich zwei oder drei von uns treffen konnten, aber nie mehr als drei oder vier. Wir trafen uns in einem Keller oder bei Freunden, die nicht für ihr politisches Engagement bekannt waren, aber bereit waren, uns zu helfen. Sie ließen uns hinein und wir kamen zu unterschiedlichen Zeiten an. Aber dann mussten wir auch die Materialien verstecken, den Mimeograf, die Schreibmaschine etc. Wir mussten dabei sehr aufpassen. Es stellte sich große Vorsicht ein, denn es gab viele Zeitungsartikel in der Gegend um Rouen, die über die Zahl der Verhaftungen von politischen Aktivisten berichteten. Es war also sehr schwierig. Man musste sehr vorsichtig sein. Wir hatten ein gewisses Maß an Unterstützung seitens der Bevölkerung. Manche Leute sagten „Sie hätten das nicht tun sollen“, nachdem jemand festgenommen wurde. Aber es gab auch Leute, die uns unterstützten, manche nur sehr im Hintergrund, weil sie Angst hatten. Wenn die Polizei von der Verbindung zwischen einer Person und einem bekannten politischen Aktivisten erfuhr, konnte man verhaftet werden. Es war also sowohl für uns als auch für die Personen, die die Materialien aufbewahrten, gefährlich, falls sie von der Polizei erfasst wurden. Es war sehr schwierig.
Lucien Ducastel (1920 - 2012)
Widerstand
1940 - 1945: Darnétal (Frankreich)
Unarmed Resistance
Widerstandsgruppen
Parti Communiste
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